Seelische Gesundheit: Seele – Sucht – Sehnsucht – Teil 2

Zu einer Sucht kann sich jedes menschliche Verhalten und jede menschliche Aktivität entwickeln.

Man kann es mit allem übertreiben, wie es der Volksmund zu sagen pflegt. Man spricht von Esssucht, Fettsucht, Besserwissersucht, Arbeitssucht, Sexsucht, Herrschsucht, Eifersucht und so weiter. Vielleicht werden wir auch bald von Smartphone- und Facebooksucht sprechen müssen.

In der Literatur wird manchmal von Sucht, manchmal von Abhängigkeit gesprochen. Auch wenn der Begriff Sucht vielseitig angewendet wird, können beide Begriffe als Synonyme benutzt werden.

Wie erkennt man Sucht?

Sucht-Patienten verändern sich häufig in ihrer gesamten Persönlichkeit, unterliegen starken Stimmungsschwankungen, sind oft weniger zugänglich und fallen z. B. durch zunehmendes Desinteresse oder am Arbeitsplatz durch nachlassende Leistung und Unkonzentriertheit auf.

Welche Arten von Sucht gibt?

Man unterscheidet zwei Arten der Abhängigkeit: Die substanzgebundene Abhängigkeit (z. B. Alkohol) und die substanzungebundene Abhängigkeit (sogenannte Verhaltenssüchte, z. B. Spielsucht).

Wie verhalten sich süchtige Menschen?

  • starkes Verlangen oder Zwang, eine Substanz zu konsumieren
  • verminderte Kontrolle darüber, wann, wie lange und wie viel konsumiert wird
  • Entzugserscheinungen, wenn die Substanz abgesetzt wird
  • Toleranzentwicklung, sodass immer mehr konsumiert werden muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen

Hinweise auf echte Suchtprobleme:

  • zwanghafter Wunsch nach dem Suchtmittel
  • Kontrollverlust über Menge und Ende des Konsums
  • übliche Interessen werden vernachlässigt
  • negative Randerscheinungen (Arbeitsplatzverlust, schlechte Leistungen in der Schule usw.) werden in Kauf genommen
  • allgemeine Verhaltensänderungen

Ist eine Sucht heilbar?

Eine Sucht ist leider nicht heilbar, da die Inhalte im Prozessgedächtnis nie mehr so sein werden wie vor der Sucht. Damit ist auch klar, warum es immer wieder zu einem Rückfall kommen kann. Der Süchtige muss also lernen, mit seiner Sucht adäquat umzugehen.

Wann gilt ein Mensch als süchtig?

Die WHO hat bestimmte Kriterien festgelegt, woran sich Psychotherapeuten und Ärzte orientieren können, um eine Suchterkrankung zu diagnostizieren und genau zu sagen, ob ein Mensch süchtig ist oder nicht:

  • Wenn der Betroffene ein starkes Verlangen oder einen starken Wunsch verspürt, Alkohol zu konsumieren oder Computerspiele zu spielen, Zigaretten zu rauchen oder Kaffee zu trinken. Der Wunsch ist so stark, dass der Betroffene, zum Beispiel der Alkoholiker, seinen Arbeitstag frühzeitig beendet, um Alkohol trinken gehen zu können, und der Computerspielsüchtige seinen Schultag beendet, um am Computer zu spielen. Auch während der Arbeit oder des Unterrichts denken die Betroffenen an das Suchtmittel. Bestimmte Alkoholiker haben immer etwas zum Feiern, bei jeder Gelegenheit wird darauf angestoßen: »Keine Feier ohne Meyer«.
  • Wenn die Betroffenen im Umgang mit der Droge die Kontrolle verlieren. Die Betroffenen können nicht mehr bestimmen, wann sie beginnen, wie lange und wie viel sie spielen oder trinken und wann sie damit aufhören. Hier übernimmt die Droge die Kontrolle über das Verhalten und nicht umgekehrt. Sobald der Süchtige versucht, sein Verhalten zu kontrollieren, indem er den Alkoholkonsum oder das Computerspiel reduziert oder absetzt, treten verschiedene Entzugssymptome auf wie Nervosität, Schlafstörungen, innere Unruhe, depressive Verstimmungen. Bei Alkoholikern kann es im Rahmen eines Entzugs zu einem Alkohol-Delir kommen, das auch tödlich enden kann. Bei Jugendlichen, die computerspielsüchtig sind, kann es zu aggressiven Ausbrüchen kommen. Deshalb sind die Eltern computerspielsüchtiger Jugendlicher gut beraten, davon abzusehen, das Computerspielen ihrer Kinder mit Gewalt zu beenden. Viele computerspielsüchtige Jugendliche kommen erst wegen Gewalt und Wutausbrüchen den Eltern gegenüber in die Behandlung.
  • Wenn durch den anhaltenden Konsum von Alkohol oder anderen Drogen oder Computerspielen der Körper und die Psyche eine Art Toleranz entwickeln: Das heißt, das Gehirn adaptiert sich immer aufs Neue an das Trinkverhalten und verlangt immer mehr von dem Suchtstoff, um den gleichen Effekt zu erzielen wie beim ersten Mal. Zum Beispiel kann es beim Computerspielabhängigen dazu kommen, dass der Betroffene statt einer Stunde zehn Stunden am Stück spielen muss. Oder wenn früher angenehm empfundene Aktivitäten oder Aktivitäten mit der Familie zu Gunsten des Alkoholkonsums oder Onlinespielens vernachlässigt werden.
  • Wenn die Betroffenen die Droge immer weiter konsumieren, auch wenn sie um die negativen Konsequenzen ihres Verhaltens wissen. Ja sogar auch, wenn die negativen Folgen im Alltag spürbar sind, in Form von Konflikten in der Familie oder am Arbeitsplatz, im Schulversagen oder in Form von körperlichen Beeinträchtigungen. Deshalb ist Sucht nicht nur durch Einsicht und Willen allein behandelbar, sondern eine Lebensumstellung ist immer erforderlich.

Dass sich jedes menschliche Verhalten zu einer Sucht entwickeln kann, sieht man auch heute daran, dass man mittlerweile zwischen stoffgebundenen Süchten, wo eine Substanz im Spiel ist, wie Alkohol- oder Kokain-Abhängigkeit, und Verhaltenssüchten, wo keine Substanz im Spiel ist, wie Glückspielsucht, Internet- und Kaufsucht, unterscheidet. Beide wirken nach ähnlichen Prinzipien auf die Psyche und haben fatale Folgen für den Süchtigen und seine Umgebung.

– Teil 3 folgt! –

Ihr Dr. Peter Schmidke

 

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