Wie verhalte ich mich richtig?

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! (Immanuel Kant)

Ich sehe zwei diametrale Lebensentwürfe:

1. Leben in einer Scheinwelt: Eskapismus, auch Realitätsflucht, Wirklichkeitsflucht oder Weltflucht genannt. Der Terminus bezeichnet die Flucht aus oder vor der realen Welt und das Meiden derselben mit ihren Anforderungen zugunsten einer Scheinwirklichkeit, d. h., einer imaginären oder möglichen besseren Wirklichkeit.

2. Leben in der realen Welt: Die reale Welt ist Realität und keine Idee, Fantasie oder Traum. Menschen, die »in der realen Welt« leben, haben im Allgemeinen eine erfolgreiche Karriere oder/und ernsthafte Pläne für die Zukunft.

Diese reale Welt zu erforschen, zu analysieren, sie mitzugestalten, sie als Triebkraft der Erkenntnis und als Kriterium der Wahrheit zu betrachten, bestimmt meinen Lebensentwurf.

»Es gibt nur zwei Fehler, die man auf dem Weg zur Wahrheit machen kann: Nicht den ganzen Weg gehen und nicht beginnen.« (Buddha)

Dieser Impuls kam mir während einer Potenzialanalyse mit einem GBB-Klienten. Ich habe gefühlt noch niemals so oft die Sätze »das geht doch nicht«, »das kann man so nicht sehen«, »das ist falsch« und »das ist richtig« gehört.

Wir sind so erzogen, dass uns unsere Eltern vorgaben, was vermeintlich richtig und was falsch ist. Ob es für uns wirklich richtig oder falsch war, stellen wir erst fest, wenn wir unsere eigene Sichtweise entwickelt haben. Jetzt sind wir fähig und bereit, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen. Wie heißt ein berühmtes lateinisches Sprichwort? »Sapere aude« (deutsch: »Wage es, weise zu sein.«). Kant erklärte diesen Spruch etwas abgewandelt zum Leitspruch der Aufklärung. Er entwickelte seine formalistische Ethik aus dem Begriff der Freiheit, die er als Freiheit zur Selbstbestimmung definierte. Frei ist der menschliche Wille, sofern er nicht von Neigungen, Bedürfnissen und Interessen bestimmt ist, sondern sich allein aus Vernunft das Gesetz seines Handelns ergibt (Autonomie). Autonomie wird in der Regel definiert als eine psychologische Fähigkeit, Kontrolle über das eigene Leben und die eigenen Handlungen auszuüben und das eigene Leben selbstverantwortlich zu führen. Dazu gehört die Optimierung eigener Interessen und der eigenen Selbstverwirklichung.

Meine Eltern – und dafür bin ich ihnen sehr dankbar – erzogen mich schon früh zur Autonomie. Ich hatte eine tolle Kindheit. Hier die Dinge, die ich persönlich immer im Herzen tragen werde:

Absolute Freiheit. Klar gab es Regeln, aber meine Eltern haben mir das Gefühl gegeben, dass ich alles schaffen und erreichen kann. Ich habe nie gehört „Du kannst das nicht“ sondern höchstens ein „Du stehst dir nur selbst im Weg.“

Aufmerksamkeit. Und nein, ich meine nicht, dass ich dauerhaft ans Händchen genommen wurde. Aber ich wurde immer ernst genommen, in Gespräche aktiv einbezogen. Später haben wir über Gott und die Welt diskutiert.

Fröhlichkeit. In meiner Kindheit war es immer fröhlich und wir haben viel gelacht. Als ich vier Jahre alt war, bekamen wir einen Hund. Ich weiß, für viele nicht so wichtig, aber der Hund war ein großer Teil meiner Kindheit. (Übrigens ließ ich mich später zum Hundeführer ausbilden.)

Ich könnte noch viele weitere Dinge aufzählen. Diese fürsorgliche Erziehung verhalf mir zu einer bis heute wachsenden Souveränität. Was bedeutet es, wenn man souverän ist?

In Bezug auf menschliches Verhalten wird souverän sein durch Selbstsicherheit definiert. Selbstsicheres Auftreten bedeutet, sich einer Situation ruhig und gelassen zu stellen und dabei nicht übermäßig nervös zu werden, sondern charismatisch zu bleiben. Das Wort Souveränität kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie Unabhängigkeit, Überlegenheit. In vielen Fällen bringen souveräne Menschen eine Reihe von Eigenschaften mit, die gemeinhin als positiv angesehen werden. Sie sind häufig entscheidungsfreudig, konfliktfähig, stehen für sich ein und scheuen sich nicht, ihre Meinung zu äußern, selbst wenn sie befürchten müssen, dafür Gegenwind zu bekommen. Das setzt jedoch voraus, dass diese Menschen sich veritabel ihres eigenen Verstandes bedienen. Sie analysieren ihr Umfeld und ziehen die richtigen Schlüsse. Sie hinterfragen nicht nur andere Meinungen, sondern auch ihre eigene und sich selbst. Sie hinterfragen Aussagen, Folgerungen und Standpunkte. Sie streben danach, sich klar, zutreffend, exakt und relevant auszudrücken.

Gelerntes zu hinterfragen ist einer der wichtigsten Aspekte des kritischen Denkens. Immerhin sollte man die eigene Perspektive nicht einfach automatisch als das Maß der Dinge akzeptieren, sondern genau analysieren, woher sie kommt und wodurch sie beeinflusst wird. Es bedeutet, Informationen und Meinungen kritisch zu hinterfragen, Quellen zu prüfen und Fakten aus unterschiedlichen Perspektiven objektiv zu analysieren, um die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Mit der Wortkombination »kritisches Denken« (im Englischen critical thinking) ist umgangssprachlich der faktengestützte Prozess des Nachdenkens gemeint, ohne sich von Gefühlen (Emotionen) oder Meinungen beeinflussen zu lassen. Ich halte nichts vom sogenannten »begleiteten Denken«.

Meine Mutter pflegte immer zu sagen: »Nutze deinen eigenen Kopf!« Und: »Nur beim Tun wirst du erkennen, ob es für dich passt!«

Schmeckt es uns, so war und ist es richtig gewesen. Schmeckt es uns nicht, so war und ist es falsch gewesen. Bleiben wir jetzt stehen, so sind wir nicht den ganzen Weg gegangen. Entscheiden wir uns, eine neue Sphäre zu betreten, erleben wir eine neue Dimension, die Dimension der Erfahrung. Wir sind reicher geworden, um genau diese neue Erfahrung, die wir nie gemacht hätten, wenn wir nicht begonnen hätten.

Der Weg ist ganz gegangen, der Zielort erreicht. Richtig und falsch haben wir hinter uns gelassen. Wir haben unsere Wahrheit gefunden. Unser Herz ist voll von POIs (the Power of Intuition) – unseren Talenten, Träumen, Bedürfnissen, Potenzialen.

Lass dich nicht vom Beginnen deines Weges abbringen und lass dir nicht von anderen Menschen vorschreiben, was richtig oder falsch für dich ist! Finde es selbst heraus! Habe den Mut, dich deines Verstandes zu bedienen!

Viel Erfolg und Spaß dabei!

Ihr Dr. Peter Schmidke

 

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